Zwei-Quellen-Prinzip

Thorsten Kleinz schreibt auf Google+, warum er am journalistischen Zwei-Quellen-Prinzip zweifelt (via Christoph Kappes auf Twitter):

«Dieser Satz ging mir ein wenig gegen den Strich:

Normalerweise braucht es zwei Quellen, um etwas zu berichten. Das bekommt jeder Journalistenschüler so eingebläut.

Ich war Journalistenschüler, aber das Zwei-Quellen-Prinzip stand nicht prominent auf dem Lehrplan. Und das sollte es heute viel weniger als zu der Zeit, als das Internet noch nicht im Redaktionsalltag gebräuchlich war.

Erstens: Ein Normalfall — wenn nicht der Normalfall — sind längst Meldungen mit einer Quelle. (…)

Zweitens: Wenn wir es nicht mit einer Ein-Quellen-Nachricht zu tun haben, reichen zwei Quellen oft nicht. So richtig populär wurden das Zwei-Quellen-Prinzip wohl durch den Watergate-Film «All the President’s Men» mit Robert Redford und Dustin Hoffman. Dort versuchen die beiden Helden alles nach diesem Prinzip abzufrühstücken. Und landen dabei auch Schiffbruch, weil sie die Bestätigung mit allen möglichen Spe­renz­chen erzielen. IIRC telefoniert Redford mit einer Quelle und bittet sie aufzulegen, wenn ein bestimmter Fakt stimmt. Die Quelle missversteht und schon steht etwas Falsches in der Zeitung, was Nixons Männern eigentlich die Chance geben hätte, die Glaubwürdigkeit der gesamten Berichterstattung anzugreifen. Neuere Filme wie «Spotlight» zeigen, dass man bei komplexen Themen eine ganze Reihe von Quellen mehr braucht, um überhaupt zu verstehen, worum es genau geht und welche Fakten man sich bestätigen lassen kann. (…)

Drittens: Quellenkritik muss anfangen, bevor man bis zwei zählt. (…)

PS: Viertens: Wenn es nicht um die Top-Schlagzeilen geht, ziert sich die zweite Quelle gerne. (…)»

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