Ein Zürcher Maturand sagt: «Ich habe keines meiner Bücher gelesen. Das hat alles die KI für mich gemacht»

Ein Zürcher Schüler hat sich ausschliesslich via KI auf die mündliche Deutschmatur vorbereitet und mit Note 6 abgeschlossen (via nzz.ch):

«Ein Beispiel: Luc weiss, was eine vertrauenswürdige Quelle ist. Das klingt unspektakulär, ist aber eine wesentliche Voraussetzung für einen gekonnten Umgang mit KI. Denn damit hat der 20-Jährige auch verstanden, wie man Chat-GPT dazu bringen kann, beim Originaltext zu bleiben und verlässliches literarisches Wissen wiederzugeben, wenn man den Schreib-Bot zu Büchern befragt: Man löst ein Abo der Bezahlversion GPT-4 (für rund 20 Franken im Monat), damit man PDF-Dokumente hochladen und dem Bot mitteilen kann, dass seine Ausführungen auf diesen Texten beruhen sollen – und nicht auf irgendwelchen Fragmenten, die er normalerweise aus dem Internet zusammenschustern würde.

Verlässliche Quellentexte sind wichtig. Luc sagt: «Sonst halluziniert er vor sich hin.» Halluzinieren bedeutet: Der Schreib-Bot verliert sich in Scheinargumenten, die zwar gut klingen, sich aber bei genauerem Hinsehen als phantasierter Quatsch erweisen – hingeschrieben von einer Maschine, die nicht denken, sondern die menschliche Sprache lediglich imitieren kann.

Um das so weit wie möglich zu verhindern, hat Luc seinem virtuellen Gesprächspartner für jedes Buch auf seiner «Leseliste» jeweils mehrere Texte verfüttert: das Original und mehrere Sekundärtexte. Bei «Faust I» von Goethe – mit diesem Drama wurde er tatsächlich geprüft – hat er zum Beispiel die Schülerausgabe «Lektüreschlüssel XL» des Reclam-Verlags hochgeladen.»

Update: Philippe Wampfler reagiert auf Bluesky mit einem Thread:

«Erstens reiht sich dieses Verfahren in eine Reihe von Lektürevermeidungsstrategien/Prüfungsvorbereitungen ein, die eine lange Geschichte haben. KI trägt nichts Spezifisches zum Problem bei.

Zweitens ist das eine adäquate Reaktion auf die Prüfungsvorgaben. Die Prüfung kann keine Lektüre erzwingen, nur Prüfungsvorbereitung. Die hat der Schüler geleistet.

Drittens ist gerade das Gefühl, das am Schluss beschrieben wird, das, womit man Gymnasiast:innen packen sollte: Wenn sie nicht lesen, verpassen sie eine wertvolle Erfahrung. Sie müssen die Bereitschaft haben, die zu machen. Diese Bereitschaft können wir nicht im Unterricht erzwingen.»

Update vom 17.5.2024, Bob Blume auf t-online.de: Ist das der Anfang vom Ende der deutschen Kultur?

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